Dieses Interview wurde ursprünglich  in Kenavo Nr. 19 / August 2010 veröffentlicht

Anfang des Jahres 2010 machten sich drei unerschrockene Spielleute im Gefolge von MPS-Veranstalter Gisbert Hiller auf den Weg ins ferne Afrika und verschwanden damit für mehrere Wochen aus dem Blickfeld der nicht ganz unbesorgten Fangemeinde. Würden Lasterbalk, Samoel und Falk wohl wohlbehalten wieder zurückkehren? Und: Was erlebt man so, als Spielmann inmitten lauter wilder Tiere und in Begleitung anderer Markt-Mitstreiter? Das wollten wir herausfinden, als die drei Safari-Spielleute gut gelaunt und sichtlich bewegt wieder auf heimischem Boden waren…

LaMaga: Vielen Dank zunächst, dass ihr das Interview über eure Afrika-Reise live gebt. Wie ist es zu diesem Abenteuer überhaupt gekommen? Habt ihr euch freiwillig gemeldet oder gab es von Gisberts Seiten eine explizite Einladung dazu?

Lasterbalk: Es gab eine Einladung. Gisbert wollte mich eigentlich letztes Jahr schon dazu verpflichten. Das ging aber aufgrund der Wer-Wind-sät-Studioplanung nicht. Dann ist er letztes Jahr die Saison über in seiner unnachahmlichen Art und Weise relativ massiv geworden. Ich hab dann halt gesagt, okay, wir gucken mal, wie es von der Terminplanung her klappt. Dann war klar, dass wir das Zeitbudget frei machen können, weil zum Termin letztendlich keine Auftritte haben. Dann hatte ich gefragt wie es aussieht, die Band zu fragen, ob irgendjemand mitfährt und es hieß, „ja klar, frag rum“. Ich bin, nachdem sicher war, dass wir es schaffen und ich mitwollte, in den Backstage gegangen und hab gefragt, ob jemand mitfahren möchte. Da kam mehr oder weniger sofort Samoel und meinte: „Ich bin dabei“. Es gab eine Woche Bedenkzeit, und auf dem nächsten Markt eine Woche später war klar, Samoel fährt mit. Und dann war erst mal eine ganze Zeit lang sicher, dass wir beide fahren und wir auch zusammen gemeinsam einen Jeep machen, dann war relativ schnell geklärt, dass wir auch Navigation machen würden und so. Damit war das also gesetzt. Und irgendwann, da war schon September, meinte dann der Mümmelstein: „Hm, also eigentlich würde ich ja auch ganz gern…“. Und dann hat er Glück gehabt, dass das noch funktioniert hat und er ist zum Schluss noch mit aufgesprungen.

LaMaga: Und seid ihr nächstes Jahr wieder dabei?

Lasterbalk: Nächstes Jahr werden wir tatsächlich vier Wochen fahren und zwar dann die ganze Band.

LaMaga: Es gab da bereits Gerüchte, dass Frank und Alea auch mit wollen. Das hat sich irgendwie schon rumgesprochen. (zu Samoel) Und du bist ganz spontan dazu gekommen, als Lasterbalk fragte?

Samoel: Also, er kam irgendwie backstage und fragte die Bandmitglieder, die gerade da waren, „Wollt ihr mit nach Afrika?“ Für mich war sofort klar, die Chance kriege ich nur einmal.

LaMaga: Wer war denn von den Marktleuten eigentlich alles dabei?

Lasterbalk: Bei Gisi ist der Brezel-Uwe mitgefahren, Jeep Zwei war Tom, dann der Bruder Rectus, der Dirk vom Fladenstand, der Bäcker Thomas, Urban, der Marktmeister, und der Bäcker Lothar war dabei.

LaMaga: Und Touristen waren auch mit? Also, ganz normale Leute, oder eine reine Markt-Besetzung

Lasterbalk. Nur Markt.

LaMaga: Samoel, man verbreitete gerade beim Stammtisch, du habest eine Giraffen-Phobie? Ich weiß nicht, wie man drauf kommt, aber ich sollte dich das fragen.

Samoel: (verwirrt) Nö… also ich weiß zumindest nichts davon.

LaMaga: Ich glaube, Hintergrund war, du habest irgendwo übertrieben viele Bilder von Giraffen hochgeladen.

Samoel: Ach so. Ich hab bei MyVZ Bilder von Giraffen hochgeladen, und weil das so extrem große Bilder waren und das System nicht so schnell ist, hat das ziemlich lange gedauert, nur die Giraffenbilder draufzuschieben.

LaMaga: War Afrika schon vor dieser Tour ein Reiseziel, das euch persönlich gereizt hätte oder war das ganz spontan?

Samoel: Also für mich war das schon immer ein Land – was heißt Land, ein Kontinent – wo ich immer mal hin wollte, sobald sich die Chance bietet, mal nach Afrika zu fahren.

Lasterbalk: Ich hatte das Glück, vor vielen Jahren schon mal Kenia und Tansania zu bereisen und das fand ich sehr toll. Allerdings hatte ich das Problem eines normalen Touristen der nicht das Glück hat, so einen Trip machen zu können wie wir, so dass ich ein bisschen enttäuscht war über die extreme Führung, die da stattfindet. Man hat so das Gefühl, man fährt immer die gleichen Routen und der Massai da an der Ecke steht da auch jeden Morgen um acht und winkt, weil das bei seinem Tagesablauf einfach so ist. Ansonsten: Das Land fand ich faszinierend, die Tiere fand ich toll. Auch in Nordafrika hab ich schon verschiedene Sachen gemacht, die ich sehr schön fand. Und deshalb, so weit in den Süden und vor allem auf eigene Faust, so Camel Trophy-mäßig – ich wollte schon immer mal eine Camel Trophy oder Paris – Dakkar oder so was fahren. Und dann kamen da so Dinge zusammen und ich mir war klar, wenn’s irgendwie geht, mach ich’s.

LaMaga: In Afrika laufen ja nun große und kleine mehr oder weniger gefährliche Tiere herum. Hattet ihr da besondere Nahkontakte mit der örtlichen Fauna?

Lasterbalk: Also, das größte und gefährlichste Tier, das wir gesehen haben, hatte ein gelbes Handtuch um die Hüfte und hört auf den Namen Gisbert Hiller. Aber ganz im Ernst: Wir hatten Kontakte. Von der Speikobra über Skorpione bis Elefanten, Krokodile, Nilpferde, Wasserbüffelherden.

Samoel: Ja, das war’s so…

Lasterbalk: Wir hatten auch einen Gepard im Lager zu Besuch…

Samoel: Und Hyänen…

Lasterbalk: Ja, Hyänen, also es war schon Stimmung.

LaMaga: Und was hat euch auf der Reise am meisten beeindruckt?

Lasterbalk: Alles. Ich war nach ein paar Tagen so voll mit Eindrücken, ich bin mir wie ein Wassereimer vorgekommen, der voll war und in den jeden Tag einfach noch ein paar Liter geleert werden. Das war der Himmel, das Land, das Gefühl des Fahrens an sich, des Selbst-Erkunden-Könnens –  all das.

Samoel: Ich werde, seit ich wieder hier bin immer wieder gefragt, wie war’s denn. Und dann steh ich da und frag mich, was soll ich da sagen – man kann es nicht beschreiben, man weiß auch selber gar nicht, wo man anfangen soll. Die Unterschiede von Botswana und im Süden von Namibia, in der Wüste, das könnte nicht noch größer sein. Es kommt schon in den ersten Tagen so viel, dass man irgendwann einfach voll ist mit Erfahrungen.

LaMaga: Habt ihr irgendwelche Instrumente dabei gehabt oder anderweitig versucht, der einheimischen Bevölkerung Mittelalter-Rockmusik nahe zu bringen?

Lasterbalk: Nein, überhaupt nicht. Letztendlich ist es auch so, dass wir relativ wenig Kontakt mit der Bevölkerung an sich hatten. Das Ganze trifft schon deutlich dieses Camel-Trophy-Ding. Wir waren sehr viele Kilometer unterwegs, wir waren auf sehr vielen Pisten, sind sehr viel offroad gefahren, haben in völlig entlegenen Gebieten übernachtet – es war schon das Abenteuer an sich, diese Strecken zu schaffen oder da überhaupt durchzukommen, was ja auch nicht immer geglückt ist. Also, ganz im Ernst, auch ich, gerade ich war über mich überrascht: Ich hab kein einziges Mal an die Band oder so was gedacht. Das war auch bei uns im Jeep nicht groß Thema.

Samoel: Man hat da plötzlich ganz andere Probleme. Wie man es vor der Dunkelheit irgendwie zum Camp schafft und so.

Lasterbalk: Es werden ganz andere Dinge wichtig und das war das für mich wirklich schön, den Kopf so frei zu haben. Tatsächlich – schafft man es noch vor der Dunkelheit, da ist ein Jeep kaputt gegangen und jetzt können wir die Route nicht so fahren wie wir wollten, oder wenn dich ein Elefant angreift und du denkst, mein Gott, ich bin davongekommen, wie geil… das sind Eindrücke, die verschaffen sich so viel Platz, dass da einfach so was wie Kulturbotschafter oder ein Song gar keinen Raum mehr haben.

LaMaga: Habt ihr denn eurerseits irgendwelche Inspirationen aus Afrika mitgenommen oder neue exotische Instrumente entdeckt oder zumindest irgendwelche Reiseanekdoten, die wir auf den Konzerten hören werden?

Lasterbalk: Es gibt die eiserne Regel, was auf afrikanischem Boden passiert ist, bleibt auf afrikanischem Boden. Deswegen haben wir sicherheitshalber ein bisschen Sand dabei, wo ich mich draufstellen kann, wenn ich petzen will. Aber bis jetzt bleibt es erst mal so. Ich hab zwei Texte geschrieben unter dem Eindruck, so ein paar Wochen später, wo wir mal gespannt sind, ob die ihren Weg auf die nächste Platte finden.

LaMaga: Wie hat sich das Zusammenleben mit den Bandkollegen unter diesen Extrembedingungen gestaltet? War das großartig anders als auf einer normalen Tournee?

Samoel: Ja, auf jeden Fall. Es war halt so komplett abseits der Band, privat. Auch wenn ich Lasterbalk jetzt schon seit Jahren kenne, ist das alles ganz anders, wenn man komplett privat unterwegs ist. Und auch der Rest der Truppe war einfach angenehm, es war ein Teamgeist da. Man will durch die Wildnis und hat nur sechs Jeeps.

Lasterbalk: Bei mir war’s so: Ich bin ja mit Falk schon sehr lange befreundet, viel länger als es die Band gibt, und über dieses intensive Zusammenarbeiten in der Band leidet bisweilen auch die Freundschaft, weil man sich dann doch mehr im beruflichen Kontext sieht als im privaten. Und eine der Entwicklungen aus Afrika war einfach, auch meinen alten Freund wieder zu entdecken, ohne Band. Das war eine schöne Erfahrung für mich. Und mit Samoel – mein Dream-Man im Jeep – war es ganz klar so, dass er einfach total Laune macht. Der ist genauso durch wie ich, und spätestens nach unserem Wurstwasser-Müsli-Contest war klar: Wir schrecken vor nichts zurück und genau das ist es was man braucht in Afrika. Wir waren da sehr grob, aber auch sehr gut unterwegs und es hat mir sehr viel Freude gemacht, jenseits von irgendwelchen Banddingen jemanden kennen zu lernen und solche Abenteuer zu erleben.

LaMaga: Gab es trotzdem Momente, in denen ihr dachtet „Wäre ich doch nur daheim geblieben“?

Lasterbalk: Nein, kein einziges Mal.

LaMaga: Was würdet ihr jemandem empfehlen, der sich für Afrika als Reiseland interessiert: Tipps, Verhaltenregeln, Warnungen…

Samoel: Das Schönste ist natürlich, wenn man es irgendwie schafft, einen Trip selbst zu planen, etwas in der Art zu machen wie wir. Dieses Tourismus-Afrika ist einfach nicht das, was ich erleben will. Wir sind ab und zu in der Nähe von größeren Städten auf die Ranger-Jeeps mit Touristen getroffen, die dann mal so fünfzig Meter in die Wildnis gefahren werden und dann wieder zurück – das ist einfach nicht Afrika erleben.

Lasterbalk: Selber fahren ist das, was ich auch jedem empfehlen würde. Aber: Niemals allen, immer mindestens zwei Jeeps, eher mehrere, weil: Die Dinger bleiben liegen, man muss sie frei ziehen, es empfiehlt sich, immer jemanden dabei zu haben, der sich mit Kraftfahrzeugen auskennt, also einen KFZ-Mechaniker zumindest einen sehr ambitionierten Hobbybastler. Das Material leidet doch massiv und man braucht einfach jemanden, der sich auskennt. Dann auf jeden Fall immer tanken, bei jeder Gelegenheit, grundsätzlich, so viel wie nur geht und Reservekanister, weil es nur wenige Tankstellen gibt und es auch mal so ergehen kann, dass die keinen Sprit haben oder die Zapfsäule kaputt ist oder einfach mal keiner Lust hat, aufzumachen. Ja und ansonsten, den wichtigsten Tipp, den haben wir auch gleich im ersten Nachtlager bekommen: Wenn das Lager schlafen geht und man auf dem Dach zeltet, bleibt man die Nacht über auch oben. Also auch wenn man aufs Klo muss oder so, das macht man am Dachzelt am besten, denn es einfach lebensgefährlich, nachts allein im Busch herumzulaufen. Da gibt es eine Menge Bewohner, die einen eher als Beute betrachten.

LaMaga: Eine Frage, die die Fans offensichtlich sehr beschäftigt hat, hab ich noch: Bei Gisbert auf der Seite klang die Reisebeschreibung ja sehr akzentuiert auf Whiskey-Orgien. Ist da was dran oder war das alles übertrieben?

Lasterbalk & Samoel: (Schweigen)

LaMaga: Ihr müsst darauf nicht antworten.

Lasterbalk: Also… was sagt man da drauf… also, wir sind ja alle keine Heiligen, das weiß man ja, natürlich haben wir getrunken. Ob da alle Mengenangaben tatsächlich so gemessen und gezählt sind, kann ich nicht beantworten. Fest steht, dass wir nicht immer nüchtern waren und fest steht auch, das ich mal einen  Whiskey getrunken habe. Aber es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

LaMaga: Dann bedanke ich mich für das Interview und bin froh, dass ihr wieder da seid.

Lasterbalk: …vielleicht noch mal der Nachsatz zu dieser Alkoholnummer. Ich meine, jeder kennt ja Gisbert auf den Märkten und weiß, wie er so drauf ist. Der Focus bei ihm liegt tatsächlich auf Land, Abenteuer erleben, und da lag er auch bei uns. Und ich hab ihn auf eine neue und ganz spannende Art kennen gelernt, wie auch alle anderen Mitreisenden, und man wird da sehr schnell eine eingeschworene Abenteurergemeinschaft. Von daher ist es natürlich so, da gibt es Tage, wo geheizt wird, wo Fahren unter Extrembedingungen möglich ist, dann gibt es Tage, wo man fast in Schrittgeschwindigkeit durchs Unterholz fährt und Tiere sucht, dann gibt’s mal nach bestandenem Abenteuer eine große Feier, wo tatsächlich auch über die Strenge geschlagen wird und dann, tatsächlich gerade im Süden von Namibia, in Richtung Namib, da hat fast keiner außer Wasser Saft oder irgendwas getrunken, weil das da klimatisch letztendlich gar nicht geht. Wenn man das nur so über diese Twitterbeschreibung liest, kommt da vielleicht ein falsches Bild auf. Weil, tatsächlich ging es in erster Linie um dieses Abenteuerland. Und auch da muss man sagen, er ist jetzt zwei Meter groß und sehr laut und mächtig, und trotzdem hab ich da einen sehr sensiblen und feinfühligen Menschen kennen gelernt, der einfach vom Afrikavirus infiziert ist wie wir beide mittlerweile jetzt auch. Und da muss man dann den Focus drauf legen.

LaMaga: Ich komme eben gerade vom Stammtisch und hab da gefragt, wollt ihr noch irgendwas gefragt haben, und da kam sofort: Was war mit dem Whiskey.

Lasterbalk: (lacht) Also es ist halt so, zum Thema Whiskey ganz speziell: Ich bin ja ein bekennender Whiskey-Liebhaber und Tom, mein Lieblings-Metschenk auch, und wir hatten uns im Dutyfree in Frankfurt eingedeckt mit drei Flaschen sehr gutem Whiskey und haben da auf mein Anraten durchaus Geld investiert und ich hab mir es einfach schon vorgestellt, unter dem extrem famosen Sternenhimmel in Afrika zu sitzen und ein Glas Whiskey zu trinken. Das war für mich so ein Bild, das wollte ich gern haben. Das hat auch immer mehr Freunde gefunden, so dass wir mit den drei Flaschen gar nicht bis zum Ende durchgekommen sind. Ich werde das nächstes Jahr kultivieren, so dass wir wirklich mehr von diesen guten Tröpfchen mitnehmen und auch ein paar Gläser haben, die wir dann irgendwie so verpacken müssen, dass sie das überleben und es einfach so eine wundervolle Atmosphäre ist. Vielleicht kann man sich das vorstellen, wie als wenn man in den Highlands am Feuer sitzt und so ein Glas Whiskey trinkt und denkt „Hey, wow“ – so war das dann auch.

(Das Interview führte LaMaga)