Zirkus Zeitgeist

Titelliste

  1. Wo sind die Clowns? – 3:25
  2. Willkommen In Der Weihnachtszeit – 2:44
  3. Nachts Weinen Die Soldaten – 4:38
  4. Des Bänkers Neue Kleider – 4:01
  5. Maria – 3:18
  6. Wir Sind Papst – 3:15
  7. Augen Zu – 4:51
  8. Geradeaus – 4:20
  9. Erinnerung – 4:20
  10. Trinklied – 3:33
  11. Rattenfänger – 3:24
  12. Todesengel – 3:54
  13. Vermessung Des Glücks – 4:10
  14. Abschiedsmelodie (Bonus) – 3:47

Rezension „Zirkus Zeitgeist“ von LaMaga

(diese Rezension wurde ursprünglich auf Amazon veröffentlicht)

Saltatio Mortis haben sich in den vergangenen Wochen alle Mühe gegeben, ihre Fangemeinde neugierig auf den „Zirkus Zeitgeist“ zu machen. Kaum ein Tag, in dem nicht im Vorfeld Hörproben bzw. der ausgezeichnete Clip zur Single „Wo sind die Clowns“ auf Youtube veröffentlicht wurden. Die sozialen Netzwerke diskutierten lebhaft und durchaus kritisch und spekulierten über das neue Werk. Jetzt ist es da, und es beweist: Die Band ist die selbe wie immer – nur noch besser!

„Zirkus Zeitgeist“ ist keine leicht konsumierbare Gute-Laune-Feier-Platte. Ein Album voller rockiger, treibender, energischer Musik mit erfrischenden Punk-Einschlägen und emotionalen Balladen. Melodiös und kompositorisch haben wir es bei „Zirkus Zeitgeist“ mit Saltatio Mortis in Bestform zu tun. Ekstatische Dynamik findet ihren Platz ebenso wie nachdenkliche Träumerei. Alea entlockt seiner Stimme eine beeindruckende Palette von Emotionen. Aus jeder Note klingt dem Hörer die Energie und Spielfreude der Band entgegen. Fast jeder Song ist ein Ohrwurm, der sich schon nach dem ersten Hören hartnäckig festsetzt, es gibt keine qualitativen Ausreißer nach unten.

Aber: Beinahe jedes Stück auf „Zirkus Zeitgeist“ fasst auf der Textebene ein heißes Eisen an. Von individuellem wie Schwangerschaftsabbruch und Alkoholismus, von den globalen Schrecken des Krieges bis hin zum drohenden Finanzkollaps reicht die Themenpalette und macht „Zirkus Zeitgeist“ so zu einer kritischen und auch mahnenden Platte. Ein sehr deutlicher Themenschwerpunkt, der aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird, ist Mahnung und Warnung vor Rechtsradikalismus. Da steht ein Lied über die Auschwitz-Überlebende Eva Mozes Kor neben die Kommerzialisierung der Welt, werden Anti-Nazi-Statements verbalisiert und zu einem friedlichen Weltbürgertum aufgerufen – immer intelligent, immer mit Tiefgang und ohne jegliche Plattitüde.

Eigentlich ist das nichts Neues –Saltatio Mortis haben sich nie gescheut, Missstände kritisch zu hinterfragen und Aktuelles zu thematisieren. Trotzdem ist es bei Zirkus Zeitgeist etwas anders ausgeführt als gewohnt. Das Album nimmt sich deutlich zurück in der Verwendung von Metaphern und Gleichnissen. Diese ungewohnte, oft bitter-sarkastisch klingende Klarheit ist in dieser Konsequenz neu bei Saltatio Mortis, aber auch notwendig. Es gibt sie, die Lieder für kollektive Chorgesänge, zum Wunderkerzen schwenken oder abrocken und Haare schütteln. Saltatio Mortis heben mit „Zirkus Zeitgeist“ das Genre des Mittelalter-Rock auf eine gesellschaftskritische Ebene und nutzen das Medium der Rockmusik, mit ihren Themen auch das weitgehend jüngere Metal-Fan-Publikum zu erreichen. Das ist Liedermachertum in unkonventionellem Klanggewand, das sicherlich nicht mit Größen wie Wader oder Biermann konkurrieren will, aber Diskussions- und Reflexionsanstöße an eine wichtige Zielgruppe weiterträgt.

Das Fazit. „Zirkus Zeitgeist“ ist ein wunderbar stimmiges, mitreißendes Album in allerbester Saltatio-Mortis-Manier, das den auf dem „Einmaleins“ begonnenen Weg konsequent fortsetzt, allerdings textlich noch einmal eine Nummer düsterer, aber auch konsequenter ist. Vom persönlichen Liebesdrama über Schrecken der Vergangenheit bis zu aktuellem Geschehen deckt das Album eine große Palette von brisanten Themen und Tragödien ab, die Spielleute vergessen aber auch optimistische ermunternde Worte nicht und fordern auch mit diesem Album ihre Hörer auf, im Hier und Jetzt zu leben: Kritisch sein, Farbe bekennen, aus der Vergangenheit lernen und den Augenblick nutzen. Das sind Saltatio Mortis, unverbogen und so authentisch wie immer.